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Ist Deutschland zukunftsfähig und wie gelingt Zukunft?
Eine solche komplexe Frage umfassend zu beantworten, wird einem Kopf alleine schwer gelingen. Die Zeit der Universalgenies ist vorbei. Wenn man aber über 100 führende Köpfe zusammenbringt und kompetenz-vernetzt, um gemeinsam die Zukunft generell und in ihren jeweiligen Kompetenzbereichen vorzuzeichnen, und dann Köpfe wie Marketing-Papst Heribert Meffert oder SEW Eurodrive CTO Johann Soder dabei sind, dann kann das gelingen. Und dann braucht man noch drei Mahner wie Thomas Sattelberger, die die schönen Gegenwarts- und Zukunftsbilder wieder etwas zurechtrücken. Auch das ist wichtig, denn Deutschland steht unter einem so großen Transformationsdruck, dass Blütenträume alleine uns nicht in die Zukunft bringen. Wir brauchen - das lernen wir insbesondere auch von den Mahnern - neben einer größeren Zukunftsbejahung andere Prioritäten (Markt!), Strukturen (Dezentralisierung!) und Kompetenzen (Digital, Kultur, ...) ... So aber gelingt es uns vielleicht doch noch, einen drohenden Abstieg abzuwenden!Die Zukunft ist heute ... nur nicht überall ...
Es hätte in Köln so harmonisch und vor allem gegenwarts- und zukunftszufrieden sein können. "Zukunft ist heute" twittert der Vordenker für die Arbeitsvisionen für morgen Guido Bosbach im Vorfeld einer sehr speziellen Veranstaltung und referenziert das berühmte Zitat, das man oft Gibson zuschreibt:Die Zukunft ist immer schon da. Sie ist bloß noch nicht gleich verteilt.
Zukunft fand in Köln Kalk hochverdichtet statt


Sattelberger - der Initiator der Zukunftsallianz zukunftsskeptisch?

Die Innovationsfähigkeit des Mittelstandes geht- wie jedes Jahr - zurück!s. hier ab 0:15 Da kann ein erfahrener Moderator wie Chefredakteur Christian Thunig auch nur bedingt die Linie vorgeben. Als alle die deutschen Chancen durch unsere Werte einer sozialen Marktwirtschaft und die Erfolge der mittlerweile gar nicht mehr so versteckten Hidden Champions wie SEW Eurodrive und Phoenix Contact betonten, da crashte er einfach mit nicht zu verleugnenden Studien in zu viel Harmonie hinein. Es ist leider so: Deutschlands Mittelstand riskiert die Zukunft, weil er de facto desinvestiert, so sinngemäß die Studien und auch Sattelberger. Und einem zukunftsunwilligen Mittelstand stehen dann auch noch kafkaeske Konzerne gegenüber, die Sattelberger nur zu gut kennt, wo Zukunftsunfähigkeit sich quasi als Beton gewordene Struktur in Architektur und Köpfen manifestiert und Kurzfristigkeit auch langfristige Perspektiven frisst. Zerschlagen ist da eine natürliche Forderung, nicht nur bei VW, so Sattelberger.
Es ist sehr plausibel, die (planmäßige) Zerschlagung von VW zu fordern!Das saß, das war kompromisslos. "Jetzt ist es raus!", so reagierte Christian Thunig auf eine Ansage von großem Gewicht, wenn sie von jemand wie Thomas Sattelberger ausgesprochen wird. Und auch ein Auditorium von über klugen 100 Köpfen konnte so schnell diese andere Sicht der Dinge nicht einfach geraderücken oder relativieren, wenn auch ein Vertreter eines zukunftsorientierten Mittelstands wie Phoenix-Contact-HR-Chef Gunther Olesch die eigentümergeführte mittelständische Unternehmen wie auch Start-Ups von Irrwegen der Kurzfristigkeit und des Starrsinns abgrenzte (besonders sehenswert: der leidenschaftliche Appell von Gunther Olesch für den Mittelstand, s. hier). Video 1: Podiumsdiskussion zur Ethik Natürlich schlüpft Thomas Sattelberger hier und an vielen anderen Stellen in die Rolle des Advocatus Diaboli, um neudeutsch vor allem ein "eye opener" zu sein, denn Zukunft braucht eine realistische Analyse der Gegenwart, um sich nicht in Blütenträumen zu verlieren oder notwendige Veränderungen zu ignorieren. Insofern war seine Gegenposition wichtig, die eigentlich eine "Mitposition" war.
Zukunftsvision: Dezentralisiertes, vernetztes Unternehmertum!
Denn eigentlich waren sich Podium und Zuhörerschaft einig: An Stelle der trägen, viel zu großen und viel zu hierarchischen Tanker brauchen wir Netzwerke von dezentralisierten, unternehmerischen Strukturen, von Schnellboten. Heribert Meffert, der auch Chef der Bertelsmann Stiftung war, verwies zurecht auf Reinhard Mohn als leuchtendes Beispiel für eine solche Logik, und es ist vielleicht auch kein Zufall das Unternehmertum das Thema des nächsten Drucker-Forums von Dr. Straub ist. Und glücklicherweise waren Sie ja da, die Vertreter der neuen Organisation wie Pfläging/Hermann oder der Unternehmensdemokratisierung wie Zeuch und das Team von Haufe umantis, um diesen Ball aufzunehmen und aufzuzeigen, dass eine andere Wirklichkeit jenseits der kafkaesken Konzerne denkbar ist und heute schon erfolgreich gelebt wird. Insofern: teilweise Entwarnung, es muss gehandelt werden, aber Perspektiven für dieses Handeln und Referenzen existieren schon.Eine verdiente Pause und Erholungen in den Themen-Boxen...
Nichtsdestotrotz: Um seine eigene Weltsicht wieder zu rekonstruieren, brauchte man dennoch nach so einer kathartischen Öffnung der Perspektiven erst einmal einen Rückzugsort und so war es gut, dass sich in Köln nach einem solchen Podium alle regenerativ in ihre Themen-Boxen zu #NextHR, #NextMarketing, #NextIndustry ... zurückziehen konnten. Power-Diskutant Thomas Sattelberger war bei den HRlern dabei, Meffert inspirierte die jungen Wilden des Marketing und Straub setzte seine Reise bei den neuen Management-Vordenkern fort. So öffnete sich der Kreis, um alle mitzunehmen.

Nach Erholung und Flow die erneute Katharsis und diesmal doppelt
Natürlich war es die Dramaturgie des Tages (sage ich jetzt einfach einmal, in Wirklichkeit war es die unsichtbare Hand des Momentums) Phasen des Flows mit Phasen der Katharsis abwechseln zu lasen, quasi als kognitive Sauna-Übung. Und so war Zeit für ihren Auftritt. Nach dem Urgestein der deutschen Industrie, Thomas Sattelberger, betraten die mahnenden Professoren Tobias Kollmann und Wolfgang Jäger die Bühne. Für Kollmann war natürlich das Silicon Valley und die fast körperlich spürbare ganz andere Kultur Kaliforniens eine Steilvorlage nach dem düsteren Bild, das zuvor Thomas Sattelbeger gezeichnet hatte. Genau so agil und zukunftsorientiert müsse man in Deutschland auch sein und da reiche auch ein bisschen Industrie 4.0 nicht. Das war natürlich eine Ansage vor versammelter Industrie 4.0-Community. Und Kollmann präzisierte seine Kritik der partiellen Digitalisierung - Sattelberger spricht anlog auch gerne von Industrie 4.0 als Kastrat der Digitalisierung. Man müsse bei den tollsten 3D-Druckern in Aachen nicht den Markt, den Kunden und die Plattformen vergessen, wenn man nicht am Schluss das abgehängte Backend sein wolle, wo andere in Kalifornien oder anderen innovativen Regionen dieser Welt das Business an der Kundenfront abschöpfen würden. Da war er wieder - der mahnende Realismus. Dabei spürte man wie bei Thomas Sattelberger die missionarische Energie von Tobias Kollmann, was sich auch darin manifestierte, dass er dem Moderator das Mikrofon entriss und envangelisierend ins Publikum stürmte und auch andere Mitstreiter der #NextEconomy wie Thomas Vehmeier in die Dialog-Offensive integrierte. Notfalls wegducken, war also keine Option an diesem Tag in Köln ;-)
Das war aber noch nicht genug Katharis. Es folgte der Auftritt von Professor Wolfgang Jäger, der es sich als Schelm nicht entgehen ließ, der elitären Runde ihren Kompetenz-Spiegel entgegen zu halten. Spätestens hier wurden VIP-Stati geerdet, denn mit seinem Digital-Competence-Test stellte er fest, dass trotz des speziellen Kreises vieles an digitalen Innovationen außerhalb der Wahrnehmung dieses Kreises liegt. Digitale Kompetenz - der Handlungsbedarf ist wahrscheinlich größer als gedacht. Danach war zumindest der Autor so kathartisch erschöpft, dass er den Rest des Abends nur noch auf Rest-Energie und damit nicht optimal schlussmoderierte. Und trotzdem war selbst der Moderator froh über diese Mahner, die die Party nicht gecrasht, sehr wohl aber geerdet hatten. Denn das machten uns Sattelberger, Kollmann und Jäger klar : So viel wir als Innovations-Nation auch schon erreicht haben, wir müssen im Zeitalter des Digitalen die Mitte breiter mitnehmen, den Kunden und die letzte Meile stärker in den Fokus rücken und auch unsere eigene Kompetenz kontiniuerlich hinterfragen, um nicht als Nation in die Falle eines "Innovator's Dilemmas" zu fallen. Deutschland ist zukunftsfähig, aber dafür braucht es vielleicht dann eben doch ein Mehr an "Schweiß und Tränen" (unter Verzicht auf Blut). Video 4: Es ging weiter, u.a. auf der CeBIT zu #NextOrganization und #NextHR
Quintessenz: Nach #NextAct muss vor #NextAct sein! Insofern war der #NextAct auch nur ein Anfang und kein Ende. In einer Welt des "Permanent Change" wird der #NextAct zur Daueraufgabe. So wurden denn auch auf der CeBIT, u.a. in der Digitalen Arena von Björn Negelmann, weiterdiskutiert. Dort trafen z.B. die Vertreter für HR, Björn Adam und Wolfgang Tomek, auf den Vertreter für die neue Organisation, Siegfried Lautenbacher, um gemeinsam zu klären, wie wichtig HR für die Transformation ist. Die Botschaft von Lautenbacher war dabei schon eine gute Diskussionsbasis: "Sobald es eine HR-Abteilung gibt, verlasse ich mein Unternehmen" Die nächsten Events für die Zukunftsfähigkeit stehen schon an. Zeitnah diskutieren Karl-Heinz Reitz, Harald Schirmer und Ralf Gräßler beim Digital Leadership Summit (s. hier).


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