Peter Paschek |
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Wege aus einem vertanen Jahrhundert In seinem Anfang 1942 veröffentlichten Buch “The future of the industrial man” schreibt Drucker: „The United States as a world power- perhaps as the world power- will certainly have to use her power politically; that is as power. But if the American Century means nothing except the material predominance of the United States it will be a WASTED CENTURY. (Hervorhebung durch den Verfasser). Some people today seem to think that it is the destiny of the United States to outnazi the Nazis in world conquest to substitute the yankee of the master race for Hitler’s Nordics; some even call that “fighting for democracy”. But this way would not lead to America’s strength and greatness but only to her downfall. It would also lead to a solution of the basic social crisis of which this war is but an effect.” (34) Mehr als 50 Jahre später erzählte Peter Drucker mir von seinem neuesten Buchvorhaben mit dem Titel “Incorrect reflections on a wasted century”. Im März 2003, kurz nach dem Einmarsch der USA in den Irak sandte ich ihm ein Fax, in dem ich das oben Genannte zitierte und ihn an unser Gespräch acht Jahre zuvor erinnerte. Ich beendete das Fax mit „May I conclude that finally the 20th Century was’nt a wasted century?“ Die Antwort kam prompt: “Dear Peter, Das Versagen der politischen Institutionen ist für Peter Drucker wesentlicher Grund, warum für ihn das 20. Jahrhundert ein vertanes Jahrhundert war. “Hitler, Stalin and Mao, the three evil geniuses of this century, destroyed. They created nothing. – Indeed if this century proves one thing, it is the futility of politics.”(36) Das 20. Jahrhundert war jedoch auch insbesondere in seiner zweiten Hälfte geprägt durch signifikanten sozialen Wandel. Aber es waren weder die schrecklichen und erschütternden Ereignisse dieses Jahrhundert, die die extremen sozialen Veränderungen auslösten, noch waren die Wandlungsprozesse Verursacher dieser fürchterlichen Geschehnisse. „They have proceeded with a minimum of friction with a minimum of up-heaval, and with a minimum of attention from scholars, politicians, the press and the public“.(37) Peter Drucker war der erste, der erkannte, dass diese extremen Veränderungen nicht nur maßgeblich auf die Strukturen unserer Gesellschaft als Ganzes einwirken, sondern auch auf die Wirtschaft, die Gemeinschaft und die Politik. „The age of social transformations will not come to an end within the year 2000 – it will not even peaked by then“.(38) Und wieder war es Drucker, der die neuen, unsere Gesellschaft bestimmenden Strukturelemente erfasste. Es sind - die Wissensarbeiter als die größte Gruppe der Beschäftigten und die Wissensgesellschaft - Ausbildung und Bildung als Zentrum der Wissensgesellschaft - die auf einen Zweck gerichtete Organisation wie das Krankenhaus, die Universität, das Wirtschaftsunternehmen oder die Regierungsbehörde und die Gesellschaft der Organisationen - das Management der Organisation als soziale Funktion mit der Aufgabe, Wissen produktiv zu machen und der Manager als Mitglied einer Gruppe, die in der Gesellschaft Führungsaufgaben wahrnimmt. Diese neuen gesellschaftlichen Strukturelemente sind die entscheidenden Kräfte, die unsere Welt nicht nur in eine globale Wirtschaft, sondern auch in eine globale Gesellschaft verwandelt haben. Aber sozialer Wandel in einer globalen Gesellschaft führt nicht automatisch zu einer besseren Gesellschaft. Er macht soziale und politische Innovationen erforderlich. Das 20. Jahrhundert lieferte hierzu keine zielführenden Lösungen, im Gegenteil: Die USA haben ihre Chance nicht genutzt, als demokratische Großmacht wirksam zu werden. Der Wohlfahrtsstaat hat die alten sozialen Verwerfungen durch neue ersetzt. „The Welfare State has not ended poverty, it has instead turned it into degradation and dependence. It has done so in the domestic as well as in the international society that is through domestic welfare and foreign aid.“(39) Schließlich hat die Dominanz des „Speculator’s Capitalism“ das Management von Wirtschaftsunternehmen in eine tiefe Legitimationskrise geführt. Schon 1986 stellte Peter Drucker die Frage: „Can modern democratic society tolerate the subordination of all other goals and priorities in a major institution, such as the public owned corporation to short term gain?“(40) und antwortete 1998: “I am for free market even though it doesn’t work too well. But I have serious reservations about capitalism as a system because it idealizes economics as to be – all and end – all of life. It is one dimensional. Today I believe it is socially and morally unforgivable when managers reap huge profits for themselves but fire workers. As societies, we will pay a heavy price for the contempt this generates.” (41) Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit unsere Gesellschaft funktionsfähig ist und für den weitaus überwiegenden Teil ihrer Menschen erträglich wird? Schon Anfang der 70er Jahre stellte Drucker Guidelines auf, die bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren haben: „The first is that the economic organization of society, i.e. business and their managers, require autonomy and accountability: in the interest of economy; for the sake of strong and effective government; and in the interest of society. “Accountable Enterprise” might be a better slogan than the by now hackneyed “Free Enterprise”.(42) Eine funktionierende Gesellschaft erfordert ferner den Pluralismus von Eliten mit unterschiedlichen Werten, Prioritäten und Lebensstilen, d.h. einen Komplex von Gegenkulturen, die sich gegenseitig respektieren und in konkurrierender Koexistenz bestehen. „It requires alternatives – in careers and career leaders, in point of view, in life-styles otherwise it degenerates into conformity and loses its capacity for change“.(43) Und schließlich ist für eine funktionierende Gesellschaft eine starke, wirksame Regierung unerlässlich. „Government is needed as the political decision-maker, more than ever before perhaps. And at the same time the capacity of government to be the political decision makers is increasingly jeopardized by its weight, size, and bureau-cratization. It is increasingly jeopardized by government tendency to take on too many things, to promise too much and to “do” too much.”(44) |