Prof Dr. Fredmund Malik
"Die Welt des Peter Drucker" - Page 5

Auch die an das Ende der Kriegszeit fallende Studie Druckers über General Motors, die er unter dem Titel "The Concept of the Corpo-ration" - zwar mit Erlaubnis, aber doch zum Missfallen des Unter-nehmens - veröffentlichte, ist weniger ein Buch über Management, als über die seines Erachtens wichtigste Institution der neu entstehenden Industriegesellschaft - das Grossunternehmen - und seine Beziehungen zu eben dieser Gesellschaft und ihren anderen Institutionen, vor allem den Gewerkschaften. Erst danach kommt dann die Phase konzentrierter Befassung mit Management im engeren Sinne - aber nie isoliert, sondern immer in gleichzeitiger, intensiver Auseinandersetzung mit gesamtgesellschaftlichen und politischen Fragen.

Darin liegt einer der entscheidenden Unterschiede zwischen Dru-cker und den meisten anderen Autoren über Management. Drucker ist erstens umfassend gebildet, vor allem auch in Geschichte, und er hat sein Interesse an neuen Wissensgebieten bis heute nicht aufgegeben, ja er hat das zur systematischen Methode gemacht, sich geistig jung zu erhalten. Er hat zweitens Management immer im Kontext von Gesamtgesellschaft, Politik und Gesamtwirtschaft und im Lichte ihrer geschichtlichen Dimensionen gesehen und behandelt. Das befähigte ihn immer wieder, Dinge zu sehen, die anderen völlig verborgen blieben und sie in ihren Konfigurationen und im Kontext zu verstehen. Und er hat - nicht zu vergessen - drittens, eine enorme, uneinholbare und echte Erfahrung. Mit heute 90 Jahren kann er auf rund 50 Jahre aktives Consulting zurückblicken, für viele Fortune 500-Firmen, für kleine und mittlere Unternehmen in zahlreichen Branchen, für Regierungsbehörden und gemeinnützige Organisationen. Er war in allen Kontinenten tätig. Wer sonst kann schon von sich behaupten, dass er Amerika, Europa und Asien wirklich kennt.

Bei allem ist zu bedenken, dass Drucker die Arbeit immer selbst gemacht hat. Er hat nie einen Assistenten gehabt und nur zeitweise eine Sekretärin. Das ist es, was mit "echter" Erfahrung gemeint ist. Im Gegensatz zu den meisten anderen "Consultants" hat Drucker nie "beraten lassen".