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Schon eher - aber auch nur unter Protest - ist er bereit, zu akzep-tieren, dass er Management entdeckt habe. Wenn er etwas beans-prucht, dann, dass er Management als erster formuliert hat. Peter Drucker ist der Mann, der die Bedeutung von Management als um-fassende, gesellschaftsgestaltende Funktion erkannt und der diese Funktion lehr- und lernbar gemacht hat, indem er sie als geordnetes Wissensgebiet dargestellt hat. Drucker hat Ma-nagement - das ist wichtig für das Verständnis seines gesamten Werkes - als eine auf Anwendung gerichtete Disziplin, als eine Praxis - und nicht so sehr als Wissenschaft - verstanden. Das hat ihn - obwohl er ein Leben lang auch, aber nie nur an Universitäten gelehrt hat - erfolgreich den Versuchungen der El-fenbeintürme widerstehen lassen. Es ist ja schon bemerkenswert, wenn jemand nicht nur einmal, sondern zweimal ein Ruf nach Harvard ablehnt.
Drucker hat mit seiner Arbeit nicht nur den Grundstein gelegt zu einem neuen Beruf. Er hat die Wirtschaft, ihre Organisationen und die Art ihrer Führung verändert - und damit die Gesellschaft. Man ist versucht, zu sagen - die amerikanische, aber dort war nur der Anfang. Die Auswirkungen der Ideen Druckers sind direkt oder indirekt in allen Ländern festzustellen, die zumindest ansatzweise marktwirtschaftlich organisiert sind. Den direktesten Einfluss hatte er wohl auf die Entwicklung Japans und Südkoreas, von deren Regierungen er gleich nach dem Zweiten Weltkrieg als Berater beigezogen wurde, und wo seine Ideen am schnellsten realisiert wurden. Er darf als einer der Väter des Nachkriegswirtschaftswunders dieser beiden Länder gelten.
Nur die Belesensten unter den Managern sind sich des Ausmasses der Leistung bewusst, die Drucker erbrachte. Es gab vor Drucker fast nichts über Management oder Organisation. Es interessierte auch niemanden, was in den Unternehmungen der damaligen Zeit passierte. Wenn überhaupt etwas Interesse fand, dann waren es die Wirtschaftstycoone des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts - z.B. Andrew Carngie, John D. Rockefeller, Ja-cob Astor, die Vanderbilts, die Duponts und J.P. Morgan -, die entweder idealisiert und heroisiert, oder dann verachtet und bekämpft wurden. Gegenstand systematischer Studien - ausser für ihre Biographen und die damaligen Medien - waren aber auch sie nicht.
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