Prof Dr. Fredmund Malik "Die Welt des Peter Drucker" - Page 8
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Jack Beatty's Buch artet - obwohl er Drucker grossen Respekt zollt - nicht in blinde Verehrung aus. Er bleibt auf angemessener und wohltuend kritischer Distanz. In mehreren wichtigen Punkten ist er anderer Meinung als Drucker - so zu den Errungenschaften der Industriegesellschaft, zur Bedeutung der Pensionsfonds und zur Reprivatisierung von Staatsaufgaben. Das macht das Buch zu deutlich mehr als nur einer Rekapitulation der "Welt des Peter Drucker".
Einen Aspekt arbeitet Beatty besonders gut heraus, und es ist mög-licherweise der wichtigste an Druckers Lebenswerk. Es ist die Überzeugung, die sich durch alle Arbeiten Druckers hindurch verfolgen lässt, dass keine Gesellschaft und keine ihrer Organisationen funktionieren können ohne Legitimation durch moralische Prinzipien. Die Industriegesellschaft der Nachkriegszeit hat sich insbesondere in Amerika mit einer glaubwürdigen Legitimation schwer getan. Mit ihrer Entwicklung zur postindustriellen, neoliberalen und globalkapitalistischen Variante sind die Rechtfertigungsprobleme noch grösser geworden.
Drucker ist - obwohl immer für Freiheit und Markt eintretend - ein scharfer Kritiker von Fehlentwicklungen, wie etwa den amerikani-schen Formen der Managerentlöhnung, den menschenverachten-den Restrukturierungsprogrammen, den Wallstreet-Raiders und den Exzessen in der Finanzwelt. Er verabscheut kaum etwas mehr als jene parasitäre Inkompetenz, kombiniert mit "Golden Parachutes", die sich gerade in den Top-Ebenen des Manage-ments von Grossorganisationen immer wieder einzunisten droht - unter anderem ein Grund dafür, dass Drucker immer für eine starke Unternehmensaufsicht eingetreten ist. Kompromisslose Vorbildhaftigkeit der Führung und strikte Einlösung der Verantwortung gehören für Drucker daher zu den unabdingbaren Voraussetzungen einer funktionierenden Gesellschaft.
Jack Beatty hat ein wichtiges Buch geschrieben. Er kann und will das zumindest teilweise Studium der Arbeiten Druckers nicht erset-zen - mit 29 Büchern und rund 200 Aufsätzen, die sich allerdings zu einem grossen Teil in seinen Sammelbänden finden, ein ansehnliches Stück Arbeit. Beatty's Buch ist aber eine grosse Hilfe als Zugang zu Druckers Werk, für die Schaffung des Kontextes für Druckers Denkweise - eben für das Verständnis der "Welt des Peter Drucker". In dieser Beziehung ist es gerade für jene von grossem Nutzen, die Druckers Arbeiten aus zeitlichen Gründen nur selektiv lesen können.
Darum allerdings kommt niemand herum, der sich ein seriöses Verständnis für Management verschaffen will. Man muss nicht alle Auffassungen Druckers teilen; aber man braucht sehr gute Argu-mente, um sie abzulehnen. Ignorieren kann man sie jedenfalls nicht, wenn man ernst genommen werden will.
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